Im Schneckentempo über die Alb. Wir legen ja keine großen Tagesetappen zurück und doch kommen wir weiter …, wie die Schnecken eben. Was diese mit der Alb zu tun haben und warum ich mich nach dem Tag gut gegen Rheuma gewappnet fühle, erfährst du in diesem Blogbeitrag.
HW 5
25. September 2021 | Tag 17
12,5 Kilometer
sonnig
18 Grad
Nachdem ich jetzt zwei Tage alleine gewandert bin, habe ich den Sonntag mal wieder zusammen mit Ralph verbracht. Wir starten um 14 Uhr auf Burg Derneck. Ich zeige Ralph die schöne Aussicht und erzähle ihm, dass ich am Vortag hier Gerhard Geiselhart, den letzten Köhler seiner Zunft getroffen habe.
Wir halten uns nicht lange auf, sondern marschieren auf dem HW 5 zum Käpfle und steigen über den Kreuzweg ab. 14 Bildstöcke aus Sandstein säumen den steilen Passionsweg. Mir gefallen die bunten Darstellungen. Leider muss ich am Fuße des Kreuzbergs lesen, dass die Malereien Nachbildungen sind, da die ursprünglichen Holzschnitzereien in den 1990er-Jahren gestohlen worden sind.
Historischer Schneckengarten
Bis Weiler ist es nicht mehr weit, doch vorher folgen wir noch dem hölzernen Wegweiser mit der Aufschrift „Historischer Schneckengarten“. Ich liebe historische Gärten, aber das hat doch weniger mit Gartenkunst zu tun, oder?
Unter einem schönen Baum entdecken wir am Hang ein eingezäuntes Beet.
Darin wird aber kein Gemüse angebaut. Nein, das Unkraut wächst in die Höhe. Hühner oder Kaninchen sind auch nicht zu sehen. Es ist ein Schneckengarten nach historischem Vorbild. Die Infotafel klärt auf, dass in Weiler schon seit langer Tradition Schnecken gesammelt und gehandelt wurden. Die Bauern auf der kargen Schwäbischen Alb verdienten sich damit ein wichtiges Zubrot. Abnehmer waren die Klöster und der katholische Adel. Schnecken waren eine klassische Fastenspeise, weil sie nicht als Fleisch galten.
Schwäbische Auster, die Albkräuter machen sie aromatisch
Von einem Schneckenhändler in Weiler ist bekannt, dass er jedes Jahr bis zu 300 000 Weinbergschnecken sammelte und in großen Schneckengärten ähnlich diesem gehalten hat. Sobald die Schnecken im Herbst ihr Häuschen verschlossen hatten, wurden sie aus den Gehegen gesammelt. Kamen in Fässer mit je 10 000 Stück und wurden auf Holzbooten (Ulmer Schachteln) zu den Klöstern an der Donau gebracht und auf dem Weihnachtsmarkt in Wien verkauft. In Weiler erinnert auf der Lauterbrücke eine Bronzestatue an diesen Händler.
Die Schnecken der Alb galten und gelten als Delikatesse, weil sie wegen der vielen Kräuter sehr aromatisch schmecken. Die Albschnecke hat es bis in die „Arche des guten Geschmacks“ (Slowfood) gebracht und im Gasthof Hirsch in Indelhausen findest du sie auf der Speisekarte.
Mit den Schnecken haben wir es aber nicht so, sondern rasten lieber an der Lauter. Die Sonne scheint herrlich und ich strecke meine Füße ins Wasser, brr sehr, sehr kalt.
Rätsel, wie gehts weiter
Hinter Anhausen streiten wir uns kurz, weil der HW 5 nicht eindeutig ausgeschildert ist. Ich nehme den Weg durch die Pferdekoppel und Ralph den Hohlweg. Leider hat mein Mann recht, ich dagegen lande im Wald und sehe mich plötzlich vor einem großen Brennnesselfeld. Zurückgehen möchte ich aber auch nicht mehr.
Also Augen zu und durch. Auf halben Weg bereue ich den Entschluss. Ach, wie brennt das doch arg. Zur Erinnerung: Es war sehr warm und ich hatte nur Shorts an. Doch es gibt kein Zurück mehr, ich schreie und schimpfe und tröste mich mit dem Gedanken, dass das gut gegen Rheuma sei.
Großer Grillplatz bei den Ochsenlöchern
Der Weg führt von der Kläranlage unterhalb der Ruine Maisenburg zu einem schönen Grillplatz, an dem ist mächtig was los ist. Und dann mal wieder auf die andere Seite des Flüsschens zur Ölmühle. Dort vereint sich der HW 5 mit dem HW 2 und führt an den Felsen mit den Ochsenlöchern vorbei.
Kurve um Kurve, Schilf, Sumpf und Wasserfall
Das Tal der Großen Lauter wird Schritt für Schritt ursprünglicher. Irgendwann sind keine Radfahrer mehr unterwegs, weil jetzt nur ein schmaler Pfad am Ufer entlang führt. Die Wiesen sind sumpfig, ein Schilfgürtel säumt das Ufer und am Hohen Gießel donnert ein kleiner Wasserfall. Beeindruckend, wie mächtig hier das Flüsschen rauscht, das doch vorher beschaulich durch das Tal floss.
Ein letztes Mal hoch zu den Burgruinen
Der HW 5 wäre nicht der HW 5, wenn er nicht wieder auf die Höhe führen würde. Der nächste alpine Anstieg steht bevor. Über viele Wurzeln, sehr felsig und steil auf die Burgruine Wartstein. Dort treffen wir zwei Frauen, die den HW 2 wandern. Gemeinsam genießen wir den herrlichen Ausblick, verabschieden uns und laufen in entgegengesetzte Richtung weiter.
An der Ruine Monsberg vorbei und gefühlt ewig auf halber Höhe durch den Wald. Später noch mal kurz im Tal entlang bis Unterwilzingen. Das Etappenziel erreichen wir gegen 18 Uhr.