Sabines Herz schlägt für Lübeck-Moisling. Das habe ich zu spüren bekommen. Und zwar ganz heftig. Sabine hat sich über einen Blogbeitrag über Lübeck beschwert und einen kleinen Shitstorm auf meinem Blog ausgelöst.
Doch der Reihe nach. Mitte November ploppte morgens um halb neun folgender Kommentar bei mir auf:
„Hallo,
ich finde es ziemlich anmaßend, wie du über den Stadtteil Moisling in Lübeck berichtest. Wie du selbst schreibst, hast du dich nicht mit den Bewohnern von Moisling unterhalten. Das hättest du tun sollen…
Ja, Moisling hatte seine Probleme. Und ja, der „Hudekamp“ – am Rand von Moisling und sein Hochhaus waren tatsächlich lange Jahre bekannt für Kriminalität. Die Reportage ist auch schon älter. Heute sieht das alles anders aus. …
Ach.. und es gibt übrigens viele hier, die sich locker mehrere Kilo Marzipan von Niederegger leisten können. Und das täglich. Du warst wohl nicht in den richtigen Straßen…
Gruß aus Moisling
Sabine“
Und schon ploppte es wieder, es folgte der nächste Kommentar von Daniel
„… Die schlechte Zeit Moislings ist lange vorbei und glänzt nun mit Zusammenhalt, Zufriedenheit, Freundlichkeit und einer multikulturellen Zusammenarbeit. Es passiert viel in Moisling. Die Häuser werden alle nach und nach saniert, auch der Schandfleck Sterntalerweg steht nicht umsonst leer, er wird saniert. …“
Und noch einer, und noch einer, und noch einer… Mir wurde ganz schwindelig und bang um Herz.
Ich habe mir dann die Kommentare und meinen Text noch einmal durchgelesen. Hhmh, Sabine hatte Recht, beim Verfassen hatte ich an meine Leser, die Touristen, aber nicht an die Bewohner gedacht. Und aus deren Sicht klangen meine Beschreibungen an einigen Stellen ziemlich überheblich und anmaßend. Ich erinnerte mich gut an meinen Besuch in Lübeck, es war kurz vor Ostern und in der Altstadt stürmten die Touristen das Marzipanhaus Niederegger, was mich tierisch aufregte und zu der Formulierung veranlasste „… Fahr mal mit dem Bus nach Moisling, dort wohnen die, die eben nicht mal für 50 Euro Marzipan einkaufen…“
Was tun? Wer Fehler macht, muss sich entschuldigen.
Ich habe mich bei Sabine entschuldigt, mit ihr und Daniel gemailt und telefoniert. Dabei einigige Hintergrundinformationen erfahren und den Abschnitt neu geschrieben. Den Blogbeitrag mit dem neuen Absatz zu Moisling findest du hier.
Nachdem sich der erste Schreck bei mir gelegt hatte, war ich dankbar. Dankbar, dass Sabine mich korrigiert hat und so für ihren Stadtteil eingetreten ist. Deshalb möchte ich sie dir vorstellen und ein paar Fotos von ihr zeigen. Sabine wohnt seit fünf Jahren in einem der sechs Hochhäuser. Aus der geplanten Übergangslösung ist eine richtige Heimat geworden. Ich habe Sabine gefragt, warum sie an Moisling besonders schätzt.
Fünf Dinge, die Sabine besonders an Moisling mag
1
Mein Blick aus der Wohnung
Dem ist nichts hinzuzufügen! Sabine hat einen begnadeten Blick auf die Sieben-Türme-Stadt Lübeck!
2
Das gute Miteinander
Wir haben hier immer noch viele Ausländer. Das meine ich aber im positiven Sinne. Denn es ist ein gutes Miteinander geworden. Hier halten die Leute zusammen. Und es wird auch geholfen, wenn man fremd ist. Natürlich gibt es auch mal Ärger. Aber nicht mehr, als in anderen Stadtteilen Lübecks.
3
Meinen kleinen Hund Vince, das viele Grün, spazieren gehen an der Havel
Kein Ortsteil von Lübeck hat soviel Grün zu bieten wie Moisling. Wir haben Parks, die Auen, den Elbe-Lübeck-Kanal, die Trave…
4
Auch von der Stadt Lübeck aus wird einiges getan
Viele Häuser werden nach und nach saniert. Moisling bekommt ein neues „Zentrum“ und einen eigenen Bahnhaltepunkt für die Bahnstrecke Lübeck-Hamburg. Gerade ist ein neuer Spielplatz eingerichtet und eingeweiht worden.
5
Moisling hat eine gute Infrastruktur
Zwei große Einkaufszentren (Plaza und Citti) sind in 20 Minuten fußläufig erreichbar. Auch im Ort sind ein großes Ärztezentrum, zwei Banken und drei große Lebensmittelmärkte/Discounter. Viele Buslinien verbinden Moisling direkt mit der Innenstadt, man ist nicht aufs Auto angewiesen.
Alle Fotos, die ich zeige, hat Sabine gemacht. Ich danke ihr sehr herzlich dafür, dass ich sie verwenden darf.
Was hat Sabine mich gelehrt?
- Alles was du siehst ist sicherlich nur ein Teil der Wahrheit.
- Sei respektvoll allem und jedem gegenüber, was dir begegnet.
- Wähle deine Worte mit bedacht.
Ich möchte diesen drei Aussagen gar nicht mehr so viel hinzufügen. Eigentlich dachte ich, ich hätte sie schon verinnerlicht. Sabine hat mich eines Besseren belehrt. Ich bin nicht dem üblichen Klischee von Lübeck aufgesessen, hatte aber mit meinem Beitrag nur zu gern ein altes Klischee eines sogenannten „Problemstadtteils“ bedient.
In der Rubrik „Begegnungen“ stelle ich Menschen vor, die ich auf meinen Reisen treffe. Sabine bin ich noch nicht persönlich begegnet, aber vielleicht klappt das ja in den nächsten Jahren. Denn in Moisling wird sich noch einiges bewegen und ich werde die Stadtteilentwicklungn gerne weiter verfolgen. Aktuelle Informationen findest du auch auf der Seite Soziale Stadt Moisling.
Städtetrip Lübeck – Fahr mal Linie 5 und du wirst staunen, was es zu sehen gibt