Am Anger in Erfurt

Städtetrip nach Thüringen – Fahr mal Linie 5 in Erfurt

Suchst du ein interessantes Ziel für deinen nächsten Städtetrip? Dann mach es mir nach und entdecke Erfurt mit der Straßenbahnlinie 5. In diesem Blogpost begegnest du der Maus und dem blauem Elefanten, Martin Luther und Willy Brand, schlenderst durch die schmucke Altstadt und entdeckst Lost Places in Erfurt-Nord.

Tramlinie 5
Haltestelle Hauptbahnhof

Auf den Spuren von Willy Brandt

Der Erfurter Hauptbahnhof ist ein guter Ausgangspunkt für deine Stadtbesichtigung. Nimm den Ausgang Willy-Brandt-Platz und halte dich links. Doch bevor du in die Straßenbahnlinie 5 steigst, wirf einen Blick auf das Gebäude gegenüber. In großen Lettern prangt auf dem Dach „Willy Brandt ans Fenster“. Was es damit wohl auf sich hat?

Die Leuchtschrift ist ein Denkmal des Berliner Künstlers David Mannstein. Sie erinnert an das erste deutsch-deutsche Gipfeltreffen zwischen dem damaligen Bundeskanzler Willy Brandt und dem DDR-Ministerpräsidenten Willi Stoph im März 1970. Tausende Erfurter standen vor dem Hotel und riefen „Willy Brandt ans Fenster!“ Als er dann ans Fenster trat, jubelten sie ihm zu und hofften auf die Einheit des geteilten Staates. Das hat aber noch 20 Jahre gedauert, wie wir ja inzwischen wissen.

Auf den Spuren von Maus und Co

Tramlinie 5
Haltestelle Anger

Vom Hauptbahnhof bringt dich die Straßenbahn ins Zentrum der Stadt. Am Anger ist immer etwas los. Rund um den Platz gibt es viele Geschäfte und Einkaufspassagen. Und am Anger halten alle sechs Stadtbahnlinien von Erfurt, falls du mal umsteigen möchtest…

Unter den Bäumen entdecke ich die Maus und den blauen Elefanten. Was machen die denn hier? Nun, Erfurt ist die Heimat des Fernsehsenders KiKa. 2007 kam man auf die Idee, die beliebtesten KiKa-Figuren in der Stadt aufzustellen. Bernd das Brot war die erste Figur, es folgten der Sandmann, Maus und Elefant, der Kobold Pittiplatsch und viele weitere. Sie sind in der ganzen Stadt verstreut. In der Erfurter Tourist Information erhältst du einen Stadtplan mit allen Standorten. Viel Spaß bei der Suche!

Auf den Spuren der Brückenkrämer und Waidhändler

Vom Anger ist es nicht weit bis zur Krämerbrücke. Mit 120 Metern ist sie die längste komplett bebaute Brücke und damit einmalig in Europa. Wenn du über die Brücke gehst, merkst du gar nicht, dass es eine ist. Nur von der Seite, siehst du die Gera unter der Häuserreihe durchfließen.

Erfurt war schon im Mittelalter eine bedeutende Stadt. Mit dem Anbau und Handel der Färberpflanze Waid (damit kann man Stoffe und Wolle blau färben) ist sie zu Geld gekommen. Das erfahre ich bei der zweistündigen Altstadtführung der Erfurter Touristeninformation. Erfurts Altstadt ist sehr gut erhalten und wurde seit der Wende aufwendig restauriert. Ich bin ganz geflasht von den vielen schönen Gebäuden in unterschiedlichen Baustilen: mittelalterliches Fachwerk, Renaissance, Jugendstil, ja auch das Bauhaus hat Spuren in Erfurt hinterlassen.

Von der Krämerbrücke kannst du anschließend die Futterstraße (der Name ist Programm: früher wurden hier die Pferde mit Futter versorgt, heute gibts interessante Restaurants) hinauf bis zur Stadtbahn-Haltestelle Stadtmuseum/Kaisersaal laufen. Das Stadtmuseum ist in einem prächtigen Waidhändlerhaus aus der Rennaissance-Zeit untergebracht. Im Museum erfährst du alles zur Geschichte der Stadt und einiges zum Wirken von Martin Luther in Erfurt.

Auf Luthers Spuren

Tramlinie 5
Haltestelle Augustinerkloster

Hättest du das gewusst? In Wittenberg hat Martin Luther seine 95 Thesen an die Kirchentür genagelt, doch in Erfurt wurde der Boden dafür bereitet.
Und das kam so: Der damals 21-Jährige Luther studierte Rechtswissenschaften in Erfurt. Weil er in ein Sommergewitter kam und Todesängste ausstand, gelobte er Mönch zu werden. Am 17. Juli 1505 klopfte Martin Luther an die Pforte des Augustinerklosters und bat um Aufnahme. Insgesamt studierte er die Bibel sechs Jahre im Augustinerkloster. Der Überlieferung nach hat Martin Luther viele schlaflose Nächte im Kloster verbracht, weil er sehr mit dem Glauben gerungen hat. 1511 wurde er nach Wittenberg berufen und nagelte dort 1517 seine Thesen an die Kirchentür.

Das Augustinerkloster ist heute eine evangelische Tagungs- und Begegnungsstätte. Und während meines Erfurt-Aufenthaltes übernachte ich hier. Mein Zimmer befindet sich im Haupthaus. Es ist einfach, aber vollkommen ausreichend, eingerichtet: Bett, Nasszelle, Schreibtisch, Lampe, sogar ein Tablet gibt es. Eine Bibel liegt auf dem Schreibtisch, daneben zwei Postkarten. Auf der Vorderseite zeigen sie Motive des Klosters, die Rückseite enthält eine Einladung: „Wir nehmen Sie ins Gebet“. Wie, ins Gebet nehmen? Ich lese weiter… ich kann ich eine Bitte formulieren und wenn ich möchte, an die Pinnwand in der Kirche hängen. Mittags und abends werden die Fürbitten der Gäste dann mit ins Gebet genommen. Das ist eine schöne Geste, findest du nicht auch?

Wenn ich aus dem Fenster schaue, blicke ich in einen Innenhof und auf das Glasdach des Speisesaals. Die Klosteranlage besteht aus mehreren Gebäuden mit unterschiedlichen Baustilen. Mir gefällt die Mischung aus modern und alt. Im Kloster übernachten Tagungsgruppen und ganz normale Erfurt-Touristen. Beim Frühstück habe ich auch zwei junge Männer mit Rucksäcken entdeckt, die den Thüringer Lutherweg laufen. Auch ich spüre den Geist und die Energie des Ortes.

Was gibt’s sonst noch an der Haltestelle Augustinerkloster zu sehen?
Wenn du vom Kloster die Augustinerstraße vorläufst, kommst du an einem netten Bistro mit dem schönen Namen „Abendbrot“ und dem Café „Wilder Man“ vorbei. Wie wild der Mann ist, der bedient, darfst du selbst entscheiden, aber der Kaffee ist prima, kommt aus Italien und gekocht wird mit Ökostrom.

Auf unbekannten Spuren im Erfurter Norden

Tramlinie 5
Haltestelle Salinenstraße bis Grubenstraße

Wo fängt denn jetzt der Erfurter Norden an? Das Augustinerkloster ist die letzte Haltestelle in der Innenstadt. Danach folgt die Straßenbahn immer der Magdeburger Allee Richtung Norden, an den Stadtwerken und der Lutherkirche vorbei bis zum Ilversgehofener Platz. Die Gegend ändert sich. Heruntergekommene Häuser und Baulücken tauchen auf, da sind noch Reste der Wendezeit. Ein bisschen Anarchie in Erfurt. Das tut gut nach so viel aufgehübschter Altstadt! Ich steige an der Haltestelle Salinenstraße aus und laufe am Bahnhof Erfurt-Nord vorbei bis zur nächsten Haltestelle.

Nicht zu übersehen sind die Erfurter Malzwerke.

Am Nordbahnhof hält zwar ein Zug, trotzdem wirkt er sehr verlassen. Ich mag ja solche Gegenden, du auch?

Auf den Spuren der Erfurter Platte

An der Haltestelle Grubenstraße steige ich wieder in die Straßenbahn. Wir fahren zunächst durch ein moderneres Industriegebiet. Dann machtdie Tram eine 90-Grad-Biegung nach links und kurz darauf wieder nach rechts und steuert die Plattenbausiedlung „Roter Berg“ an.  Dabei handelt es sich um eine relativ moderne „Platte“ aus den frühen 80er-Jahren.

Tramlinie 5
Haltestelle Roter Berg

Zu DDR-Zeiten waren die Wohnungen sehr beliebt, doch nach der Wende verließen viele Anwohner das Wohngebiet. Inzwischen wurden einige Gebäude abgerissen, andere saniert und bemalt. Giraffen- und Zebralook zieren zwei Punkthochhäuser.

Ziemlich heruntergekommen wirkt das Einkaufszentrum Roter Berg. Geh mal hinein und vergleiche es mit der Nobeleinkaufspassage Anger 1. Du siehst und merkst den Unterschied sofort. Es sind diese Gegensätze, die Erfurt für mich so interessant machen.

Tramlinie 5
Haltestelle Zoopark

Auf den Spuren der Zootiere

Vom Roten Berg ist es nur noch eine Station bis zur Endhaltestelle Zoopark. Der Thüringer Zoopark Erfurt (so heißt er offiziell) erstreckt sich über 65 Hektar. Ganz schön groß. Auf mich wirkt der Eingang so als hätte der Zoo schon einmal bessere Zeiten erlebt. Doch vielleicht liegt es nur daran, dass es schon Abend und der Eingang geschlossen ist. Leider habe ich für einen Besuch keine Zeit mehr gehabt. Das hole ich dann beim nächsten Erfurt-Besuch nach!

Lohnt sich Erfurt? Mein Fazit

Erfurt wird zu Unrecht oft unterschätzt und lohnt sich. Eigentlich bin ich wegen der Bauhaus-Architektur nach Erfurt gefahren, richtig überrascht haben mich dann aber die schönen Jugendstilbauten, die Kika-Figuren und das Augustinerkloster!

Praktische Tipps für deinen Erfurt-Besuch

Die Tramlinie 5
Alle Infos auf einen Blick

Die Übernachtung im Augustinerkloster würde ich jederzeit weiterempfehlen. Nimm dir ein wenig Zeit und beschränke deinen Besuch nicht nur auf die Altstadt. Die Stadt- und Klosterführungen sind sehr kurzweilig und helfen, das Gesehene richtig einzuordnen.
Täglich gibt es Führungen durch das Kloster.
Mit der ErfurtTravelCard 48 h (19,90 €) bist du zwei Tage mobil unterwegs und kannst kostenlos an der zweistündigen Altstadtführung teilnehmen. Außerdem hast du freien Eintritt in alle städtischen Museen.

Neu im Blog: Mein Besuch in Jena 2022

 

 

  1. […] Wer träumt nicht davon, dem Sandmännchen einmal selbst Gute-Nacht zu sagen? In diesem Jahr ganz eindeutig einheimisch und sehr deutsch! Das Sandmännchen entdeckt in Erfurt. […]

  2. […] Ab in die Tram 5 – meine Entdeckertipps für Erfurt […]

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