Hauptfriedhof Freiburg

R.I.P. – Mit der Linie 5 zum Friedhof

Friedhöfe sind Geschichtsbücher und Spiegel der Gesellschaft

Friedhöfe strahlen eine wunderbare Ruhe aus und sind das ganze Jahr einen Besuch wert –  nicht nur an Allerheiligen, am Volkstrauertag oder am Totensonntag. Ob das reiner Zufall ist, dass mir schon so viele Friedhöfe begegnet sind? In diesem Blogbeitrag stelle ich dir meine gesammelten Friedhofsimpressionen vor. 2021 ist eine Gedenkstätte dazugekommen, die sehr idyllisch liegt, aber an ein schreckliches Verbrechen erinnert. 

In Stuttgart liegt der Pragfriedhof an der Stadtbahnlinie 5, in Mailand der Cimitero Monumentale, in Brünn und in Graz die Zentralfriedhöfe. Mit der Linie 5 erreichst du auch den Hauptfriedhof in Frankfurt, den Kommunalfriedhof in Salzburg und den Südfriedhof in Nürnberg. Gibt es vielleicht geheime Absprachen unter den Städten, dass immer die Nr. 5 zum Friedhof führt?

Der Friedhofseingang macht oft was her

Wenn ich mir die Fotos von den Friedhöfen anschaue, fällt mir auf, dass viele einen besonders großen oder imposanten Eingang haben. Schau dir mal die monumentalen Eingänge von Mailand und Graz an:

Das Grab ist dein letzter Fußabdruck auf der Welt

Gerade im vorherigen Jahrhundert war es wohl besonders wichtig, anhand der Größe des Grabsteins oder Mausoleums nochmals zu zeigen, wie reich oder wichtig der hier Begrabene war. Ein gutes Beispiel dafür ist der Mailänder Monumentalfriedhof. Es ist ein Friedhof der Superreichen mit griechischen Tempeln, ägyptischen Pyramiden und bis zu 20 Meter hohen Obelisken. Wer in Mailand etwas auf sich hält, besitzt einen Logenplatz in der Scala, eine Sitzbank im Dom – und ein Familiengrab auf dem Cimitero Monumentale, so wie beispielsweise die Camparis. Genau, das sind die, die dieses leckere Getränk erfunden haben.

Pilgerstätten für Fans

Letzte Ruhestätten von Prominenten können regelrechte Pilgerstätten für Fans werden. Einer Umfrage zufolge sind die populärsten Gräber die von Elvis Presley, Bob Marley, Jim Morrisson und Edith Piaf. Die meisten Friedhöfe weisen schon im Eingangsbereich auf prominente Gräber hin. Auf dem Grazer Zentralfriedhof liegt beispielsweise der Formel-1-Weltmeister Jochen Rindt, auf dem Stuttgarter Pragfriedhof der schwäbische Dichter Eduard Mörike und der Erfinder des Zeppelins, Ferdinand von Zeppelin, auf dem Frankfurter Hauptfriedhof Theodor W. Adorno. In Brünn habe ich lange nach dem Grab von Gregor Johann Mendel gesucht. Das ist der, der die Vererbungslehre anhand von Erbsen nachgewiesen hat. Ich bin dreimal daran vorbeigelaufen, weil er nicht mit bürgerlichem Namen, sondern unter seinem Ordensnamen begraben ist.

Kurioses Roma-Grab auf dem Frankfurter Hauptfriedhof

Das kurioseste Grab habe ich auf dem Hauptfriedhof in Frankfurt entdeckt. Es liegt gleich links  vom Haupteingang. Zuerst dachte ich, dass es sich um ein Gerätehäuschen für die Friedhofsgärtner handelt. Doch weit gefehlt, die vermeintliche Gartenlaube entpuppte sich als Grab. Es ist ein Roma-Grab, das zusammen mit einem weiteren wegen seines „Baumarktstils“ in Frankfurt schon für mächtig Diskussionsstoff und Aufruhr gesorgt hat.

Ja, so ein Friedhof hat eine eigene hierarchische Ordnung. Auf vielen Friedhöfen gibt es einen Ehrenhain oder eine Ruhmeshalle für die Ehrenbürger der Stadt. Jeder,  der sich schon mal damit beschäftigt hat, weiß, dass ein Grab je nach Größe und Lage unterschiedlich teuer ist. Auf den Friedhöfen zeigen sich aber auch die Demokratisierungstendenzen unserer Gesellschaft. Ein gutes Beispiel dafür ist der Nürnberger Südfriedhof. Er ist generell für alle Ethnien geöffnet und hat auch ein islamisches Grabfeld, damit Muslime ihre Verstorbenen entsprechend ihren religiösen Vorschriften in Gräbern mit südöstlicher Ausrichtung bestatten können.

Friedhöfe sind reizvolle Parks und Skulpturengärten

Warum habe ich mir bei meinen Städtetrips überhaupt die Friedhöfe angeschaut? Nein, nicht wegen der Prominenten, die meisten Friedhöfe strahlen eine wunderbare Ruhe aus. Friedhöfe sind oft großzügige Parks mitten in der Stadt. Der Frankfurter Hauptfriedhof erstreckt sich über fünf U5-Haltestellen und ist mit 70 Hektar eine der größten Grünanlagen Frankfurts. Der Nürnberger Südfriedhof misst 65 Hektar und ist über drei Straßenbahnhaltestellen zugänglich. Sobald du den Friedhof betrittst, ist der Verkehrslärm schlagartig weit weg. Alte Bäume spenden Schatten, ein Eichhörnchen läuft einen Baumstamm hoch, dahinten pflegt jemand liebevoll ein Grab. Friedhöfe sind für mich Oasen der Ruhe und Erholung. Ich besuche sie gerne und gönne mir diese Verschnaufpause.

Friedhofskultur drumherum

Was fällt mir sonst noch so rund um den Friedhof auf? Blumen gehören auf jeden Fall dazu! An jedem Friedhofseingang findet sich mindestens eine Gärtnerei. Auch die Steinmetze schlagen ihr Gewerbe nahe beim Friedhof auf. Immer mehr Friedhöfe bieten für ältere und gehbehinderte Menschen sogenannte Friedhoftaxis an. Und ganz praktisch: Im Eingangsbereich von Friedhöfen findest du meist auch eine öffentlich zugängliche Toilette und in der Nähe oft auch ein Café.

Besonders eindrucksvoll – die Uniformität der Soldatenfriedhöfe

Besonders berührend finde ich Soldatengräber. Ich glaube, sie wirken so klar und eindringlich, weil alle Gräber gleich sind – eben so wie Soldaten in der Uniform.

Die Idylle trügt – der Friedhof auf Schloss Grafeneck

In der Nähe des Gestütshofs Marbach auf der Schwäbischen Alb bei Gomadingen liegt das Schloss Grafeneck. Sehr idyllisch auf einem Bergsporn mit Blick ins Tal. Doch die Idylle trügt – die Nazis haben hier 1940 ein schreckliches Verbrechen begannen und über 10.645 Menschen mit Behinderungen vergast. In einer großen Schublade liegt ein Buch, in dem die Namen der bekannten Opfer verzeichnet sind. Doch trotz guter Dokumentation gibt es auch viele Opfer, die noch nicht identifiziert sind. Deshalb liegen auf der Wiese Buchstaben aus Stein. Sie stehen für die Namen der Opfer, die noch nicht ausfindig gemacht wurden. Ich habe den Friedhof an einem herrlichen Septembermorgen besucht, alles sah sehr idyllisch aus. Doch auch eine sehr unschuldig anmutende Natur kann ein schreckliche Vergangenheit haben. Solche Gedenkstätten finde ich sehr wichtig, auch wenn sie weh tun.

Friedhofshaltestellen

Friedhofshaltestellen sind schlicht und eindeutig benamst. Das Schöne daran, du musst nicht lange rätseln, was kommt.

Brünner Zentralfriedhof
Linie 5 – Haltestelle Ústřední hřbitov

Frankfurter Hauptfriedhof
Linie 5 – Haltestellen Hauptfriedhof, Gießener Straße,

Grazer Zentralfriedhof
Linie 5 – Haltestelle Zentralfriedhof

Mailänder Cimitero Monumentale
Linie 5 – Haltestelle Cimitero Monumentale

Nürnberger Südfriedhof
Linie 5 – Haltestellen Südfriedhof, Worzeldorfer Straße, Finkenbrunn,

Stuttgarter Pragfriedhof
Linie 5 – Haltestelle Pragfriedhof/Eckartshaldenweg

Also unter uns, ich glaube ja, dass neben der 5 auch andere Stadtbahnlinien zum Friedhof führen. Vielleicht hast du noch einen Tipp. Und mich würde auch noch sehr interessieren, ob du gerne Friedhöfe besuchst. Schreib mir doch einen Kommentar. Ich freue mich.

  1. Gudrun Weissker

    Hallo Heike,
    Deine Friedhofserfahrungen habe ich eben mit Interesse gelesen und wundere mich, daß bisher keiner etwas dazu gesagt hat. Auch ich brauche Friedhöfe oft und gern, auch als Ausdruck der Kultur des jeweiligen Ortes. In Brno haben wir meine Freundin Jana zu Grabe getragen, mit deren Familie mich eine lebenslange Freundschaft verbindet.
    Interessant und in ganz anderer Dimension erlebte ich Friedhöfe in Californien, die man zu Fuß gar nicht bewältigen kann. So ist es üblich, mit dem Auto bis zum eigenen Plot zu fahren.
    Magst Du mit mir chatten? Dann könnte ich auch mal ein Foto aus den US schicken…
    Übrigens war ich heute leider mit der Linie 4 am Erfurter Hauptfriedhof, auch die 3 fährt dort, aber die 5 nicht mehr, daß war einmal. Dabei so eine schöne Beobachtung !!! „Spaß muß sein bei der Leich, sonst kommen die Leut nicht!“
    So wünsch ich es mir auch für meine eigene Beerdigung.
    Schöne Grüsse Gudrun

    • Liebe Gudrun,
      vielen lieben Dank für deinen Kommentar und deine persönlichen Berichte. In Californien war ich noch nicht auf dem Friedhof. Gerne können wir mal chatten. Ich freue mich. Viele Grüße
      Heike

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert