5 Tage Berlin, 5 Tage U5 – Berlinsplitter Tag 2

Unten Sterne, oben Weltkulturerbe - die Eröffnung des U5-Bahnhofs Museumsinsel

Oben leuchten die Sterne und unten leuchten wir… Wenn du demnächst in Berlin unterwegs bist, dann guck mal nachts in den Himmel über der Museumsinsel und nimm dann die Treppe runter zur gleichnamigen U-Bahnstation und schau zur Decke, denn auch dort leuchten die Sterne… Wie gefallen sie dir? In diesem Blogbeitrag berichte ich von meinem zweiten Tag in Berlin. Im Mittelpunkt stehen die Eröffnung des U-Bahnhofs Museumsinsel  und die Erkundung der Schinkel-Gebäude und Museen auf eben dieser Kulturinsel.

Der neue U-Bahnhof liegt tief unter dem Spreekanal

Berlin U5
Museumsinsel

Vom Frühstückstisch im Arcotel John F. sind es nur ein paar Schritte bis zur Pressekonferenz. Noch umgibt ein Bauzaun den Eingang der U-Bahnstation Museumsinsel. Die Bauarbeiter verrichten über der Erde letzte Aufräumarbeiten, die versammelten Pressevertreter nehmen die Rolltreppe oder den Aufzug hinunter. Der Bahnhof Museumsinsel liegt immerhin 20 Meter unter dem Spreekanal.

Bis zur Eröffnung des U-Bahnhofs Museumsinsel ist noch etwas Zeit. Ich mache erste Fotos und schaue mich um. Kühl wirkt der Bahnhof. Das mag am Granit liegen, der für die Wände und Säulen verwendet wurde. In Gold prangt der Name Museumsinsel an der Wand. Daneben sind Fotos zu erkennen. Ok, einen richtigen Wow-Effekt löst das bei mir nicht aus. Der Stil, ähnlich wie schon bei der Station „Unter den Linden“,  erinnert mich an Badezimmer mit Granitfliesen und goldenen Wasserhähnen, und das mag ich einfach nicht… Also wende ich meinen Blick zur Decke: Die soll ja das eigentliche Highlight des Bahnhofs sein.

Der Himmel unter Berlin

In einem intensiven Aquamarinblau leuchten die Deckengewölbe über den Gleisen. Dafür lies Architekt Max Dudler 6.662 LED-Lichtpunkte symmetrisch anbringen. Sie symbolisieren Sterne in Anlehnung an ein historisches Bühnenbild, das Karl Friedrich Schinkel 1816 für die Zauberflöte an der Staatsoper Unter den Linden schuf. Der Rückgriff auf Schinkels Theateridee ist eine Referenz an die klassizistischen Gebäude, die rund um die Museumsinsel stehen. Nach dem Motto: Also wenn oben ganz viel Schinkel ist, dann machen wir auch unten Schinkel. Schau mal, ich habe bei den Fotos eine Abbildung des damaligen Bühnenbilds dazu gepackt, dann wird der Bezug deutlich.

Unten Sterne  – oben UNESCO-Welterbe

Den Verantwortlichen der Berliner Verkehrsbetriebe und des Berliner Senats gefällt‘ s. Sie loben den neuen Bahnhof überschwänglich. Das Weltkulturerbe Museumsinsel bekomme mit dem Bahnhof „ein würdiges neues Entree und unsere Stadt eine weitere Touristenattraktion“, erklärt BVG-Chefin Eva Kreienkamp in ihrer Eröffnungsrede.

Ins gleiche Horn stößt Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop: „Mit der Fertigstellung des U-Bahnhofs Museumsinsel gewinnt die Linie U5 noch mehr an Attraktivität. Dieser außergewöhnliche Bahnhof bietet eine bessere Erreichbarkeit der Sehenswürdigkeiten in Berlins historischer Mitte.“ Und die BVG habe gezeigt, dass es doch geht, im Zeitplan und Budget zu bauen.

Der Bahnhof Museumsinsel ist der letzte der drei Bahnhöfe, die im Zuge des „Lückenschluss U5“ realisiert wurden. BVG-Vorstand Rolf Erfurt erinnert an den Beginn der Bauarbeiten vor über elf Jahren und an Meilensteine wie den Abriss eines Stücks U6-Alttunnel,  die Arbeiten der Tunnelvortriebsmaschine Bärlinde, den Durchbruch am Brandenburger Tor und die Vereisung am U-Bahnhof Museumsinsel.  „Alle haben Großes geleistet.“ Der Bahnhof Museumsinsel sei wegweisend für weitere Bahnhöfe, die zu bauen sind…

Ist diese Architektur wirklich wegweisend?

Ganz schön viel Lob für einen Bahnhof. Fehlt nur noch, dass sie ihn gleich als Weltkulturerbe ausrufen, denke ich. Klar, auch ich freue mich darüber, dass die Museumsinsel nun einen eigenen Anschluss an den Nahverkehr hat  und die Linie U5 ist definitiv eine wichtige Ost-West-Verbindung. Doch ist diese Architektur wirklich wegweisend und geeignet als Blaupause für weitere Bahnhöfe? Mich beschleicht das leise Gefühl, dass die Berliner Verantwortlichen in den 90igern, als sie den Lückenschluss planten, einen leichten Minderwertigkeitskomplex hatten, den sie unbedingt beseitigen wollten… „endlich großstädtisch, endlich so wie andere Hauptstädte, endlich die alten Kacheln weg…“ Das Ergebnis finde ich beinahe beliebig, diese U-Bahnstation mit dem glatt poliertem Granit und Gold könnte so auch in Mailand, Frankfurt oder Stuttgart stehen… Als langjähriger Berlin-Fan vermisse ich den besonderen Charme, die Schnoddrigkeit und die Kantigkeit, die Berlin für mich immer liebenswert gemacht hat.

Und wie sieht es oben aus? Was hat Schinkel gebaut?

Über die Eröffnung ist es Mittag geworden. Jetzt wird es Zeit für oben, fürs Weltkulturerbe auf der Museumsinsel. Als erstes statte ich dem Mann einen Besuch ab, dem die Berliner das Deckengewölbe des U-Bahnhofs und viele historische Gebäude zu verdanken haben. Karl Friedrich Schinkel. Sein Denkmal steht gegenüber dem neuen Berliner Schloss auf der anderen Seite des Spreekanals auf dem Schinkelplatz.

Der Architekt Schinkel hatte sich dem Klassizismus verschrieben und viel mit Säulen gearbeitet. Die sogenannte Berliner Schinkel-Achse verläuft vom Lustgarten bis zum Gendarmenmarkt. Das Alte Museum auf der Museumsinsel ist das wahrscheinlich bekannteste Gebäude Schinkels und stellt einen Höhepunkt in seinem Schaffen dar.

 UNESCO-Weltkulturerbe Museumsinsel

18 Säulen reihen sich vor das Hauptportal des Alten Museums und ich frage mich verzweifelt, wie ich diese Pracht und Mächtigkeit auf mein kleines Smartphone-Display bannen kann. Das Alte Museum war der erste Museumsbau Berlins und ist quasi die Keimzelle der Museumsinsel. Weitere Gebäude folgten und auch sie greifen, wenn auch nicht von Schinkel, sondern von seinem Schüler Stüler, entworfen, die Säulen als Gestaltungselement auf. Wie ein griechischer Tempel sieht das Gebäude der Alten Nationalgalerie aus. Es wird von einem Kolonnadengang gerahmt. Die Säulengänge sind beliebte Fotomotive für Hochzeitspaare und Touristen. Ganz modern interpretierte Architekt David Chipperfield die Säulen für den Neubau der James-Simon-Galerie. Das Museumsensemble ist wunderschön und zu Recht als Unesco-Weltkulturerbe ausgezeichnet.

Alte Meister in der Alten Nationalgalerie

Doch auch was in den Museen gezeigt wird, hat Weltrang. Die Alte Nationalgalerie zeigt beispielsweise Gemälde und Skulputren des 19. Jahrhunderts. Ich entdecke Hummels Berliner Motiv vom Lustgarten und bewundere die gestochen scharfe Wiedergabe. Auch die Raumaufteilung der Nationalgalerie in kleine Kabinette und die pastellene Farbigkeit der Wände und Decken ziehen mich in den Bann.

Das Bode Museum schaffe ich leider nicht mehr an diesem Nachmittag, denn ich möchte mich ja auch noch mit Sandra treffen und später das Pergamonmuseum anschauen. Sandra Becker kenne ich von den Webgrrls, sie ist unsere Vorstandsvorsitzende und virtuell haben wir schon so manche Stunde zusammen verbracht. Jetzt war es wieder einmal schön, sie persönlich zu treffen und den Kontakt aufzufrischen. Dabei haben wir uns auch über U-Bahnen unterhalten, denn Sandra hat sich schon künstlerisch damit auseinandergesetzt. 

Pergamonmuseum

Das Pergamonmuseum ist das bekannteste Museum Berlins und ein Publikumsmagnet. Auch wenn der Pergamon-Altar zur Zeit wegen Sanierung bis 2025 nicht besichtigt werden kann, lohnt der Besuch allemal. Sehr sehr beeindruckend finde ich die Mosaiken des türkisfarben schimmernden Ishtar-Tors, die Torwächterfiguren  und die Zeugen islamischer Kunst. Und natürlich gibt es auch Säulen im Pergamon zu sehen, nämlich quasi die griechischen und römischen Originale,  die Schinkel inspiriert haben. Das Markttor von Milet ist einfach grandios.

Mein Resümee:
Der U-Bahnhof Museumsinsel ist ein echter Kulturbahnhof und nur wenige Gehminuten von den Weltkulturerbe-Museen, der Staatsoper Unter den Linden, dem Berliner Dom und dem Humboldt-Forum im Neuen Schloss entfernt. So viel geballte hochkarätige Kultur gibt es nur hier in der Hauptstadt. Mit der U5-Anbindung an den Hauptbahnhof Berlin, das Brandenburger Tor und den Alexanderplatz ist hier wirklich eine tolle Sightseeing-Achse entstanden.

Tschüss Museumsinsel

Am Abend verlasse ich (vorerst) die Museumsinsel. Die nächste Unterkunft befindet sich in der Nähe der U-Bahnstation Frankfurter Allee.  Ich besuche noch das Kult-Kino International an der Karl-Marx-Allee und schaue ich mir den Film „Nomadland“ an… Doch davon berichte ich dir im nächsten Beitrag, wenn ich der Frage nachgehe, wie viel Ex-DDR entlang der U5 zu entdecken ist.

Bleib mir treu bis zum nächsten Bericht.

5 Tage Berlin, 5 Tage U5

Anlässlich der Eröffnung des U-Bahnhofs Museumsinsel am 9. Juli 2021 bin ich nach Berlin gereist. Nach dem Motto „Fahr mal Linie U5 in Berlin“,  mache ich das fünf Tage lang… und berichte, was ich Tag für Tag erlebt und rechts und links der Strecke entdeckt habe .

 

Zum  Weiterlesen:

Tag 1 Ankunft in Berlin, Hamburger Bahnhof und die Beantwortung der Frage „Wie kommt die Tasse vors Brandenburger Tor?
Tag 3 Wieviel DDR steckt in der U5? Stasi-Bespitzelung und Doreens Ost-Erinnerungen
Tag 4 Raus nach Kaulsdorf, die Schlüsselsuche und der Abend in Friedrichshain
Tag 5 Berlin von oben – der Blick von der Kuppel des Berliner Doms und aus der Seilbahn vom Kienberg 

Die interessantesten U-Bahnhöfe der Linie U5

 

 

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