„Ich geh wandern“ – Tag 15 auf dem HW 5 –
Nuff ond naa im Lautertal

Unterwegs im Lautertal. Dieser Blogbeitrag handelt vom Bahnfahren, von edlen Pferden, vom Wandern und von viel Genuss… Bei all den Ablenkungen habe ich das Etappenziel Burg Derneck nicht erreicht, aber trotzdem – oder gerade deshalb – einen schönen Tag erlebt. 

HW 5
23. September 2021 | Tag 15
12,5 Kilometer
sonnig
17 Grad

Mitte der Woche fahre ich bereits nach Münsingen und breche Donnerstagfrüh zur nächsten Wanderung auf. Ralph kommt erst am Freitagabend, also organisiere ich die An- und Abreise zum Wanderstart selbst. Das Auto stelle ich morgens kurz nach acht Uhr im Lautertal am geplanten Endpunkt „Parkplatz Burg Derneck“ ab. Gerade lichtet sich der Nebel über dem Tal. Es sieht wunderschön aus und ich freue mich riesig auf diesen „freien“ Tag und die Wanderung.

Der Linienbus 265 bringt mich zurück nach Münsingen. Dort muss ich noch anderthalb Stunden Wartezeit bis zum Zug nach Gomadingen (meinem heutigen Ausgangspunkt) überbrücken. Ich bummle durch die erwachende Innenstadt, frühstücke in einer netten Bio-Bäckerei und schaue mir den Bahnhof an.

Denkmalgeschützter Bahnhof in Münsingen

Der Münsinger Bahnhof ist putzig und ein wahres Schmuckstück. Kein Wunder, dass er unter Denkmalschutz steht. Er wurde 1893 erbaut, das Hauptgebäude mit der Schalterhalle ist nahezu unverändert. Man fühlt sich gleich zurückversetzt in die Zeit, als noch Bäuerle mit Kälble mit der schwäbsche Eisebahne über die Alb gefahren sind. Auch die Fahrkartenverkäuferin scheint alle Zeit der Welt zu haben…

Lustig sieht das „Schaf-ner“-Schaf auf Gleis 1 aus. Dann kommt die Bahn. Statt Bäuerle mit Kälble steigt ein Trupp Rentner mit flotten E-Bikes aus. Jetzt aber rein in den Zug. Die Schaffnerin kontrolliert die Tickets und fragt jeden, wo er aussteigen möchte. Anscheinend wird heute nur Halt gemacht, wo unbedingt nötig. Grafeneck und Marbach ziehen vorbei und schon sind wir in Gomadingen.

Wanderstart am Bahnhof Gomadingen

Tschüss Eisenbähnle. Inzwischen ist es 11 Uhr und endlich kann ich loswandern. Ein bisschen paradox, denn ich gehe jetzt an den Gleisen entlang wieder zurück nach Marbach. Am Ortsausgang von Gomadingen ist ein schöner Wasserspielplatz mit Grillstelle. Solche Spielplätze ziehen sich durch das gesamte Lautertal bis zur Mündung und wohl auch deshalb ist das Tal der Großen Lauter so beliebt bei Familien mit Kindern. Ausnahmsweise folge ich nicht dem HW 5 auf die Halbhöhe, sondern bleibe im Tal bis Marbach. Ich möchte unbedingt den Gestütshof anschauen.

Pferde, Pferde und nochmals Pferde

Das Haupt-und Landgestüt Marbach ist das älteste staatliche Gestüt Deutschlands. Es hat eine über 500-jährige Pferde-Tradition und ist weltberühmt für seine Vollblut-Araberzucht. Nach der Corona-Zwangspause 2020 finden in diesem Jahr wieder die Hengstparaden statt. An dem Donnerstagmorgen sind die Vorbereitungen dafür in vollem Gange: Absperrungen für die Zuschauer werden aufgebaut und junge Reiter eilen über den Hof zu den Proben. Leider kann ich nicht in die Ställe, aber auf den Koppeln rundum entdecke ich Stuten und Fohlen.

Friedlich grasen sie auf der Wiese. Landidylle pur. Ich schaue mir noch den Gestütsgasthof und die  Landesreitschule an und folge dann dem Lautertal-Radweg an der Landstraße entlang Richtung Dapfen.

Dapfen im Lautertal

Kurz vor Dapfen führt mich der HW 5 die Martinssteige hinauf zur Martins-Kirche und anschließend hinab zur Ortsmitte. Das Lagerhaus ist mein nächstes Ziel. Ich entdecke ein rotbraun gestrichenes Holzhaus, das könnte es sein. „Nein, sie seien nicht das Lagerhaus, sondern ein Demeterversand“. Die beiden Frauen, die Obst- und Gemüsekisten stapeln, zeigen die Straße hinab, es sei nicht mehr weit und schenken mir ein Apfel. Ein paar Hundert Meter später erreiche ich das Lagerhaus. Von außen sieht es unscheinbar aus, doch drinnen ist es eine Wucht. Das Lagerhaus ist eine Mischung aus Café, Kaffeerösterei, Chocolaterie und Seifenmanufaktur… Sehr liebevoll und mit viel Gespür fürs Detail eingerichtet. Drinnen sitzen wäre schön, doch weil das Wetter so herrlich ist, entscheide ich mich für einen Platz im Biergarten direkt an der Lauter. Und lecker, diese Birnenmohntorte…

Anschließend stöbere im Laden herum und schaue mir die Seifen und Pralinen an. Irgendwann eise ich mich los und wandere weiter. Immer schön an der Lauter entlang bis zur Ölmühle und dann auf der anderen Seite des Flusses bis Wasserstetten.

Dort fällt mir ein einfaches Gasthaus mit 50er-Jahre-Wandmalerei auf. Ok, das war also besagter Burren.

Zwischen Dapfen und Wasserstetten hing nahezu an jedem Baum ein Zettel mit der Aufschrift: Spanferkelessen am 3. Oktober im Burren. Und ich kann euch heute schon verraten. Ich war da am 3. Oktober zusammen mit Ralph und Freunden im Burren. Der Wirt Siegfried Rapp kocht selbst. Das Spanferkel hat sehr lecker geschmeckt, der Zwiebelrostbraten mit Bratkartoffeln ebenfalls.  Wir waren die einzigen Touristen, alle anderen Gäste Einheimische. Der Wirt ist supernett, die Preise sind fair und dazu eine Einrichtung, von der du denkst, die gibt es nicht mehr! Wir waren alle vier begeistert.

Bergauf zum Fladhof

Hinter Wasserstetten verabschiedet sich der HW 5 vom Tal. Plötzlich bin ich wieder allein unterwegs. Es geht ziemlich steil bergauf und dann am Waldrand entlang vorbei an frisch gepflügten Feldern. Nicht ganz bis auf die Kuppe des Schachen, sondern rechts am Fladhof vorbei, wo sie mit mächtigen Traktoren Maissilage einfahren. Ansonsten ist hier oben nichts los, ich genieße die Einsamkeit und den weiten Blick. Bis zur Burg Derneck sind es immer noch 9,5 Kilometer und so langsam dämmert mir, dass ich das heute wohl nicht mehr schaffen werde. Beim Skilift von Hundersingen verpasse ich den Abstieg über den HW 5  und folge der Landstraße hinab nach Hundersingen.

Hundersingen – Bichishausen

Dort lockt die nächste süße Versuchung: Bei Manz im Lädle gibt es leckere Hof-Eis. Statt schnellen Schrittes weiter zu marschieren, löffle ich vom Haselnuss-Eis und unterhalte mich mit einem netten Radlerehepaar, das hier ebenfalls rastet.

Die Wegeführung in Hundersingen ist etwas verzwickt, weil gerade alle Straßen aufgerissen sind. Doch grundsätzlich geht es immer an der Lauter entlang. So langsam verzieht sich die Sonne aus dem Tal, die Schatten werden länger. Es ist schon zienlich spät und so beschließe ich in Bichishausen nicht weiterzuwandern, sondern den Bus zu nehmen. Mist, der Erste fährt mir am Bootshaus gerade vor der Nase weg. Also wandere ich noch durch den Ort mit der schönen Kirche und warte beim Gasthof Hirsch auf den Nächsten. Um acht Uhr abends bin ich dann wieder beim Wohnwagen in Münsingen.

Das war ein langer Tag mit einer mageren Kilometerausbeute, aber viel Sonnenschein und schönen Erlebnissen. Und morgen ist ja auch noch ein Tag.

 

Tag 16 auf dem HW 5 – so gehts weiter

 

 

 

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